Wider die stuͤrmenden Pawren / Martinus Luther.
Im vorigen buͤchlin thurste** Past tense to ‘turren‘ = dare, a MHG modal verb which becomes obsolete in the 16th century, FWb s.v.‚turren‘. ich die Pawren nicht vrteilen / weyl sie sich zu recht vn̄ besser unterricht erboten** From ‚erbieten‘, to offer to do sth., see two lines below. / Wie den̄ Christus gepeut / man soll nicht vrteylen / Matth .vij. Uber ehe den̄ ich mich dann vmbsihe / faren sie fort / vn̄ greyffen mit der faust drein / mit vergessen jrs erbietens / rauben vn̄ toben / vn̄ thun wie die rasenden hunde. Dabey man nū wol sihet / was sie in jrem falschen sinn gehabt haben / vn̄ das eytel** ENHG ‚eitel‘ = completely. erlogen ding sey gewesen / was sie unter dem namen des Euangeli in den zwoͤlff Artickeln ha/ben fuͤrgewendet. Kurtz vmb / eyttel Teuffels werck treyben sie / vund in sonderheyt / ists der Erzteuffel / der zu Muͤlhusen regiert** Thomas Müntzer who was located at Mühlhausen. / vnd nichts denn raub / mord / blutuergiessen anricht / wie dann Christus Johan .viij. von jm sagt / das er sey ein moͤrder von anbegynn / Nun den̄ sich solche Pawren vnd ellende leutte verfuͤren lassen / vn̄ anders thun / den̄ sie geredt haben / muß ich auch anders vō jnen schreiben / vnd erstlich jre sunde fuͤr jre augen stellen / wie Gott Esaia vn̄ Ezechiel befelht / ob sich etlich erken̄en wollten / Vn̄ darnach der welltlichē Oberkeyt gewissen / wie sie sich hyrin̄en hallten sollē / vntertichten
Dreyerley grewliche sunden wider Gott vnd menschen laden dise Pawren auff sich / daran sie den tod verdienet haben an leybe vnnd seele manigfeltiglich. Zum Ersten / das sie jrer Oberkeit trew vn̄ hulde geschworen haben / vnterthenig vnd gehorsam zuseyn / wie solchs Gott gepeut / da er spricht / Gebt dem Keiser was des Keisers ist / Vnd Roma .xiij. Yderman sey der Oberkeyt unterthan / etce. Weyl sie aber disen gehorsam brechen mutwilliglich vnd mit freuel / vnnd darzu sich wider jre herren setzen / haben sie damit verwirckt leyb vnd seel / als die trewlose / meineydige / lugenhafftigen / vngehorsamen buben vn̄ boͤßewicht pflegen zuthun / darumb auch. S. Paulus Roma. xiij. ein solch vrteil uͤber sie fellet / Welche der gewalt
a2rwiderstreben die werdenn ein gericht uͤber sich uͤberkomen. Welcher spruch auch die Pawren entlich treffen wirdt. es geschehe kurtz oder lange / denn Gott will trew vnd pflicht gehallten haben.
Zum Andern / das sie Auffrur anrichten / rauben vnd plundern mit freuel Cloͤster vnnd Schloͤsser / die nicht jr seind damit sie als die offenlichen strassenreuber vnd moͤrder / alleine wol zwiffeltig den tod an leyb vnnd seele verschulden. Auch ein auffruͤrischer mensch / den man des bezeugen kan / schon in Gottes vnnd Keyserlicher Acht** in der Acht sein = to be banned, cf. FWb acht2, sense2. ist / das / wer am ersten kan vnnd mag denselben erwuͤrgen / recht vn̄ wol thut. Den̄ uͤber einen offenlichen auffruͤrgen / ist ein iglicher mensch / beyde oberrichter vnd scharffrichter / gleych als wenn ein fewr angehet / wer am ersten kan lesschen / der ist der beste / denn Auffrur ist nicht ein schlechter mord / sondern wie ein gros fewr das ein land anzuͤndet vn̄ verwustet / also bringt Auffrur mit sich ein land vol mords / blutuergissen / vnnd macht widwyn vnd waisen / vn̄ verstoͤret alles / wie das allergroͤssest ungluͤck Drumb soll hie zuschmeissen / wurgen vnd stechen / heymlichgemachh /oder offenlich / wer da kan / vn̄ gedencke / das nicht gifftigers / schedlichers / teuffelischers seyn kan / denn ein auffruͤrischer mensch / gleich als wenn man einen tollen hund totschlahen muß / schlegstu nit / so schlegt er dich vn̄ ein gantz land mit dir /
Zum Dritten / das sie solche schreckliche / grewlicke suͤnde / mit dem Euangelio decken / nennen sich Christliche bruͤder / nemen eyd vnd hulde** 'Hulde nehmen’ = ‘sich huldigen lassen’, to take oaths of loyalty, cf. DWb s.v. huld. / vn̄ zwingen die leutte / zu solchen greweln / mit jnen zuhallten / damit sie die allergroͤsten Gottslesterer vn̄ schender seines heyligen namens werden / vn̄ ehren vn̄ dienen also dem Teuffel / vnter dem scheyn des Euāgelij / daran sie wol zehen mal den tod verdienen an leyb vnd seele / das ich heßlicher sunde nie gehoͤrt habe. Vnd achte** In ENHG the personal pronoun can be missing, here ‚ich‘; ENHG ‚achte‘ = reckon. auch / das der Teuffel den iuͤngstē tag fuͤle / das er solch vnerhoͤrte stuͤck fuͤrnimpt / als solt er sagenn / Es ist das letzte / drumb solt es das
a2vergste seyn / vn̄ will die grundsuppen** FWb s.v. ‘grundsuppe‘ = unusuable dregs of a barrel, mob. ruͤren / vn̄ den poden gar außstossen** FWb s.v. ausstossen‘ 4,(phrase ‘dem fas den boden ausstossen’ = ›e. S. gewaltsam ein Ende bereiten‹) / Gott woͤll jm weren. Da sihe / welch ein mechtiger Fuͤrst der Teuffel ist / wie er die wellt in henden hat / vnd ineinander mengen kan / der so pald so vil tausent Pawren / fangen / verfuͤren / verblenden / verstocken / vnd empoͤren** FWb s.v. ‚empören‘ 4 = to provoke into rebellion. kan / vn̄ mit jn machen was sein aller wuͤtigister grym fuͤrnimpt.
Es hillft auch die Pawren nicht / das sie fuͤrgeben / Gen.j. vnd .ij. Es seyen alle ding frey vnd gemeyne** FWb s.v. ‚gemein‘ 6 = NHG ‚allgemein‘: common, universal, shared. geschaffen / vnd das wir alle gleych getaufft seind. Den̄ im newen Testamēt hellt vnd gillt** = NHG ‚hält und gilt‘, legal formula for something that will last and be legally binding. Moses nicht / sondern da stehet vnser meister Christus / vn̄ wirfft vns mit leyb vn̄ gut vnter den Keiser vn̄ welltlich recht / da er spricht / Gebt dem Keiser was das Keisers ist. So spricht auch Paulus Roma.xij. zu allen getaufftē Christen / Yderman sey der gewallt vnterthan. Vnd Petrus / Seyt vnterthan aller menschlicher ordnūg. Diser lere Christi seind wir schuldig zugeleben / wie der vatter vom hymel gebeut vnnd sagt / Dis ist mein lieber Suͦn / den hoͤret. Denn die tauffe macht nicht leyb vn̄ gut frey / sondern die seelen. Auch macht das Euangelion nicht die guͤter gemeyn / on alleine welche solchs williglich von jn selbs thun woͤllē / wie die Aposteln vn̄ juͤnger / Act.iiij. thetten / welche nicht die frembden guͤter Pilati vn̄ Herodis gemeyn zuseyn fodderten / wie vnser vnsin̄ige Paurn toben / sonder jr eygen guͤter. Aber vnser Pawren woͤllē der andern frembden guͤter gemein habē / vn̄ jr eygē fuͤr sich behallten. Das seind mir feine Christē / Ich meyn das kein Teuffel mehr in der helle sey / sonder allzumal in die Pawren seind gefarē. Es ist uͤberauß vn̄ uͤber alle masse das wuͤtē.
Weyl den̄ nun die Pawren auff sich laden / beyde Gott vn̄ menschen / vn̄ so manigfelltiglich schon des tods an leyb und seel schuldig seind / vnd keins rechten gestehen noch warten / sondern ymer fort toben / muß ich hie die welltliche Oberkeyt vnterrich$ten wie sie hierin̄e mit gutem gewissen faren sollē. Erstlich der Oberkeyt / so da kan vn̄ will / on vorgehend erbie
a3rten zum recht vn̄ billigkeyt / solche Pawren schlahen vn̄ straffen / will ich nicht wehren / ob sie gleych das Euangelion nit leydet / Den̄ sie hat des gut recht / Sintemal die Pawren nun nicht mehr vmb das Euangelion fechten / sonder seind offenlich wordē trewlose / meyneydige / vngehorsame / auffruͤrische / moͤrder / reuber / gottslesterer / welche auch Heydenische Oberkeyt zustraffen recht vn̄ macht hat / ia dazu schuldig ist / solche Buben zustraffen. Denn darumb tregt sie das schwert / vnd ist Gottes dienerin uͤber den so uͤbelst thut / Roma .xiij.
Aber die Oberkeyt so Christlich ist / vn̄ das Euangelion leydet** FWb s.v. ‚1leiden‘ 4: to permit, allow. / derhalbenn auch die Pawren keinen scheyn** DWb s.v. schein‘ 8: technical expression for evidence in a court case. wider sie haben / soll hie mit forcht handeln. Vnnd zum ersten die sachen Gott heymgeben / vn̄ bekennen / das wir solchs wol verdient haben. Dazu sorgen** FWb s.v. ‚besorgen‘ 1 = NHG ‚befürchten‘: to be apprehensive. / das Gott villeicht den Teuffel also errege zu gemeyner** FWb s.v. ‚gemein‘ 6 = NHG ‚allgemein‘: common, universal, shared. straffe Teutschs lannds. Darnach demuͤtiglich bitten wider den Teuffel umb huͤlffe / Denn wir fechten hie nicht alleine wider blut vnnd fleysch / sondern wider die geystlichen boͤsewicht in der lufft / welche mit gebett muͤssen angegriffen werden. Wen̄ nun das hercze so gegen Gott gerichtet ist / das man seinen goͤttlichen willen leßt wallten / ob er vns woͤlle oder nicht woͤlle zu Fuͤrsten vn̄ herren haben / soll man sich gegen die tollen Pawrē zum uͤberfluß (ob sie es wol nicht werdt seind) zu recht vnd gleychem erbieten. Darnach wo das nicht helffen will / flucks zum schwert greyffen.
Denn ein Fuͤrst vnd Herr muß hie dencken wie er Gottes amptman vnnd seins zorns diener ist / Romano .xiij. dem das schwert uͤber solche buben befolhen ist / Vnd sich eben so hoch fuͤr Gott versuͤndigt / wo er nicht strafft vn̄ wehret / und sein ampt nicht volfuͤret / als wen̄ einer moͤrdet / dem das schwert nicht befolhen ist. Den̄ wo er kan vn̄ strafft nicht / es sey durch mord oder blutuergiessen / so ist er schuldig an allem mord vnd uͤbel / das solche buben begebē / als der da mutwilliglich durch nachlassen seins goͤttlichen befelhs / zulesst solche boßheyt zu
a3vuͤben / so ers wol wehren kan vnd schuldig ist. Darumb ist hie nicht zuschlaffen. Es gillt auch nicht hie gedult oder barmhertzigkeyt Es ist des schwerts vnd zorns zeyt hie vnd nicht der genaden zeyt.
So soll nun die Oberkeyt hie getrost fort tringen / vnd mit gutem gewissen dreyn schlahen / weyl sie eine ader regen kan / denn hie ist das vortail / das die Pawren boͤse gewissen vnnd unrechte sachen haben / vn̄ welcher Pawr daruͤber erschlagen wirdt / mit leyb vnd seel verloren vnnd ewig des Teuffels ist. Aber die Oberkeyt hat ein gut gewissen vnnd rechte sachen / vnd kan zu Gott also sagen mit aller sicherheyt des hertzens / Sihe mein Gott / du hast mich zum Fuͤrsten oder herrē gesetzt daran ich nicht kan zweyffeln / vnd hast mir das schwert befolhen uͤber die uͤbelthetter / Rom .xiij. Es ist dein wort vn̄ mag nicht liegen // So muß ich solch ampt / bey verlust deiner gnaden außrichten / So ists auch offentlich / das dise Pawren vilfaltig vor dir vnd vor der wellt den tod verdienet / vnd mir zu straffen befolhen. Willtu nun mich durch sie lassen toͤdten / vnd mir die Oberkeyt wider nemen vnd vntergehen lassen / wolan / so geschehe dein wille. So sterbe ich doch vnnd gehe vnter in deinem Goͤttlichen befelh vnd wort / vn̄ werd erfintden im gehorsam deines befelhs vnd meines ampts. Drumb will ich straffen vn̄ schlahen so lange ich eine ader regen kan / du wirsts wol richten vnd machen.
Also kans denn geschehen / das wer auff der Oberkeyt seyten erschlagen wirdt / ein rechter merterer vor Gott sey / so er mit solchem gewissen streyt / wie gesagt ist. Denn er gehet in Goͤttlichem wort vnnd gehorsam. Widerumb / was auff der Pawren seyten vmbkompt / ein ewiger hellebrandt ist / den̄ er fuͤret das schwert wider Gottes wort vnd gehorsam / vnd ist ein Teuffels glied. Vn̄ obs gleych geschehe / das die Pawren oblegen / da Gott fuͤr sey / den̄ Gott seind alle ding muͤglich / vn̄ wir nicht wissen / ob er villeicht zū vorlaufft des iuͤngsten
a4rtags (welcher nicht ferne seyn will) woͤlle durch den Teuffel alle ordnung vnd oberkeyt zuͤstoͤren / vnnd die wellt in einen wuͤsten hauffen werffen / So sterben doch sicher / vnnd gehen zuscheyttern mit gutem gewissen / die in jrem schwertampt funden werden / vnd lassen dem Teuffel das welltlich reich / vn̄ nemen dafuͤr das ewige reich. Solch wunderliche zeyten seind itzt / das ein Fuͤrst den hymel mit plutuergiessen verdienen kan / baß / denn andere mit betten.
Am ende ist noch ein sache / die billich soll die Oberkeyt bewegen / Den̄ die Pawren lassen jn nicht benuͤgen / das sie des Teuffels seind / sondern zwingen vnd dringen vil from̅er leute die es vngerne thun / zu jrem Teuffelischen bunde / vn̄ machen dieselbigen also teylhafftig aller jrer boßheyt vn̄ verdamnis. Den̄ wer mit jn bewilliget / der fert auch mit jn zum Teufel / vn̄ ist schuldig aller uͤbelthat die sie begehen / vn̄ muͤssens doch thun / weyl sie so schwachs glaubens seind / das sie nicht widerstehen. Den̄ hundert toͤdte solt ein frommer Christ leyden / ehe er ein harbreit** literally: a hair’s breadth. in der Pawren sache bewilliget. O vil merterer kundten itzt werden durch die plutduͤrstigen Pawren vnd mordpropheten. Nun solcher gefangener vnter den Pawren / sollten sich die Oberkeyt erbarmen / vn̄ wen̄ sie sonst keine sache hetten / das schwert getroͤst wider die Pawren gehen zulassen / vn̄ selbs leyb vnd gut dran zusetzen / so were doch dise uͤberig groß genug / das man solche seele / die durch die Pawren zu solchem Teuffelichen verbindnis gezwungenn / vn̄ on jren willen mit jnen so grewlich suͤndigē vn̄ verdampt muͤssen werden / errettet vnd huͤlffe / denn solche seelen seind recht im fegfewr / ia in der hellen vnd Teuffels banden.
seüberlich. Drumb liebē herrē** referring to the princes and people in authority. loset** = NHG ‚erlösen‘. hie / rettet hie / helfft hie / erbarmeteuch der armen leut / Steche / schlahe / wuͤrge hie wer da kan / bleybstu druͤber todt / wol dir / seliglichern tod kanstu nymmer mehr uͤberkomen / Den̄ du stirbst in gehorsam Goͤttlichs wortes vnd befehls / Roma .xiij. vnnd im dienst der liebe / deinen
a4vnechsten zuretten auß der hellen vnnd Teuffelsbanden. So bitte ich nun / fliehe von den Pawren wer da kan / als vom Teuffel selbs. Die aber nicht fliehenn / bitte ich Gott wollte sie erleuchten vn̄ bekeren. Welche aber nicht zubekeren seind da gebe Gott / das sie kein gluͤck noch gelingen habē muͤssen Hie spreche** 3 ps subjunctive ‚sprechen‘. ein iglicher frommer** ENHG ‚frum‘ in a broader sense, more like MHG ‚vrum‘ than NHG ‚fromm‘. Christ / Amen. Denn das gebett ist recht vnd gut / vnd gefellet Gott wol / das weyss ich. Dunckt das yemandt zu hart / der denck das vntreglich ist auffrur / vnd alle stunde der wellt verstoͤrung zuwarten sey.